Trüber Konjunkturherbst
IHK-Konjunkturumfrage für Niedersachsen
Das Konjunkturklima der niedersächsischen Wirtschaft hat sich im dritten Quartal 2023 weiter eingetrübt, die Geschäftslage wird erstmals seit der ersten Coronawelle 2020 im Saldo als schlecht beurteilt. Die Erwartungen der Unternehmen gehen aufgrund fehlender Impulse aus dem In- und Ausland erneut deutlich zurück. „Die Unternehmen in Niedersachsen erhalten weniger Aufträge, Investitionen, Exporte und Konsum bleiben schwach. Gleichzeitig häufen sich die offenen Baustellen der Wirtschaftspolitik. Energiepreise, Arbeitskräftemangel, Bürokratie und Arbeitskosten machen den Unternehmen schwer zu schaffen“, so Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen. Die trüben Wachstumsperspektiven drücken den IHK-Konjunkturklimaindikator für das dritte Quartal um zehn auf 75 Punkte (Vorquartal: 85 Pkt.). Das ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern mit knapp 1.800 Unternehmensantworten.
Der Preisauftrieb lässt zwar nach, die Geschäfte laufen jedoch in den meisten Branchen trotzdem schlechter. Eine durchgreifende Besserung ist nicht in Sicht, jedes zweite Unternehmen rechnet hingegen mit einem weiteren Rückgang. Die aktuelle Geschäftslage wird im Herbst merklich schwächer beurteilt, 20 Prozent (Vorquartal: 25 %) der Unternehmen sehen die Lage als gut an, unverändert 53 Prozent sind zufrieden und 26 Prozent (Vq. 22 %) beurteilen ihre Lage als schlecht. Die Erwartungen an die kommenden Monate haben sich aufgrund der ausbleibenden Impulse eingetrübt und bleiben ungünstig: Nur noch 7 Prozent der Unternehmen (Vq. 9 %) rechnen mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung, 46 Prozent (Vq. 51 %) erwarten gleichbleibende Geschäfte und 48 Prozent (Vq. 40 %) rechnen mit einer ungünstigen Entwicklung.
Die Geschäftsentwicklung der Industrie hat sich stark abgekühlt. Die Auftragseingänge bleiben deutlich rückläufig, die Auftragslage wird von einer zunehmenden Zahl von Unternehmen als zu klein beurteilt. Kritisch bleibt die Entwicklung der energieintensiven Industrien (Chemie, Metallerzeugung, Glas, Baustoffe, Papier), deren Geschäftsentwicklung deutlich hinter der anderer Industriebereiche zurückbleibt. Mit den im internationalen Vergleich hohen Energiekosten nehmen auch Investitionsentscheidungen zuungunsten des Standorts Deutschland zu, da die heimische Produktion preislich international nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Besser ist die Lage bei den Investitionsgütern (Automotive, Maschinenbau, Elektrotechnik).
Die aktuelle Geschäftslage der Bauwirtschaft ist aufgrund des Auftragspolsters noch gut. Allerdings werden im Hochbau die Aufträge langsam knapp. Der Zinsanstieg hat die Zahl der Wohnungsbauprojekte erheblich reduziert. Im Tiefbau und gewerblichen Hochbau ist der Geschäftsverlauf dagegen erheblich besser.
Der Konsum ist unverändert durch die Sparsamkeit der Verbraucherinnen und Verbraucher geprägt. Die Lage im Einzelhandel bleibt damit schwierig, da die „Inflationsprämien“ im Handel noch keine Wirkung entfaltet haben. Die Trends der letzten Quartale haben sich im Handel jedoch verändert: Jetzt beurteilen auch die Bekleidungsgeschäfte ihre Lage ungünstig. Möbelhäuser und Baumärkte klagen weiterhin über schwache Umsätze. Deutlich eingetrübt zeigt sich auch die Entwicklung im Großhandel. Die Umsatzerwartungen sind in allen Großhandelsbereichen unisono ungünstig.
Nachlassende Produktion und rückläufiger Konsum dämpfen auch die Geschäfte des Verkehrsgewerbes. Jedes zweite Unternehmen rechnet aktuell mit einer ungünstigen Entwicklung: Hauptgrund ist die bevorstehende kräftige Mauterhöhung, bei der für viele nicht klar ist, ob sie diese Kostensteigerung Eins-zu-eins weitergeben können.
Das Gastgewerbe war mit dem dritten Quartal durchaus zufrieden. Die Zahl der Sommerurlauber erreichte das Vorkrisenniveau, allerdings war im Restaurantbereich die Sparsamkeit der Urlauber zu spüren. Jedes zweite Unternehmen rechnet mit einer ungünstigen Entwicklung.
Die Geschäftslage der Kreditinstitute hat sich mit den höheren Zinssätzen positiv entwickelt. In den letzten Monaten war mit der schwächeren Konjunktur im Firmenkundengeschäft ein Rückgang bei den Investitionskrediten zu verzeichnen. Die Versicherungen waren mit dem Geschäftsverlauf im dritten Quartal zufrieden, rechnen für die kommenden Monate aber mit einem kleinen Dämpfer.
Die Geschäftslage der Dienstleistungsunternehmen bleibt positiv. Allerdings rechnen die Dienstleister für die kommenden Monate insgesamt mit einem rückläufigen Geschäft. Die Investitions- und Beschäftigungsplanungen stagnieren.
Ausblick
„Die niedersächsische Wirtschaft wird mit vielen Problemen konfrontiert. Hohe Energiepreise, fehlende Arbeitskräfte und eine lähmende Bürokratie bremsen die Unternehmen“, so die Einschätzung der IHKN-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt.
„In allen Branchen sind die Aussichten derzeit unsicher. Wachstum ist nicht erkennbar, weil weder vom Konsum noch von den Investitionen Impulse ausgehen“, so Bielfeldt.
IHK-Konjunkturklimaindikator für Niedersachsen

Der IHK-Konjunkturklimaindikator gibt die Einschätzung der Unternehmen der gegenwärtigen und der erwarteten Geschäftslage wider.
Befragungszeitraum 21.09.2023 - 05.10.2023; 1769 Unternehmensantworten
Die IHK Niedersachsen ist die Landesarbeitsgemeinschaft der IHK Braunschweig, IHK Hannover, IHK Lüneburg-Wolfsburg, Oldenburgischen IHK, IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim, IHK für Ostfriesland und Papenburg sowie IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum. Sie vertritt rund 500.000 gewerbliche Unternehmen gegenüber Politik und Verwaltung.
*Hannover, 13.10.2023*