Mehr als jede fünfte Kommune in Niedersachsen erhöht den Hebesatz der Grundsteuer B
Trotz zuletzt deutlich steigender Steuereinnahmen und obwohl sich viele Unternehmen in einer schwierigen finanziellen Lage befinden, haben zahlreiche niedersächsischen Städte und Gemeinden im Jahr 2023 ihre Realsteuerhebesätze angehoben. Dies gilt insbesondere für die Grundsteuer, die von mehr als jeder zehnten Kommune erhöht wurde. Das hat eine Umfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern ergeben.
Demzufolge haben 202 Städte und Gemeinden von insgesamt 941 Kommunen mit Hebesatzrecht in Niedersachsen die Grundsteuer B erhöht – im Durchschnitt sehr deutlich um 37,8 Prozentpunkte auf aktuell 449 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte der durchschnittliche Hebesatz der Grundsteuer B noch 442 Prozent betragen. „Auch in Zeiten erheblicher wirtschaftlicher Unsicherheiten drehen die niedersächsischen Kommunen weiter kräftig an der Steuerschraube und ziehen das Tempo im Vergleich zum Vorjahr sogar nochmals deutlich an“, kommentierte IHKN-Präsident Dr. Bernhard Brons die Ergebnisse. „In der aktuellen prekären wirtschaftlichen Lage sind Steuererhöhungen das letzte, was Unternehmen und auch Bürger gebrauchen können. Wir appellieren daher an die Städte und Gemeinden, auf weitere Hebesatz-Steigerungen zu verzichten“, so der IHKN-Präsident.
Um eine weitere Erhöhungswelle zu verhindern, sollten Kommunen bereits jetzt Hochrechnungen und Vorbereitungen treffen, um etwaige Zusatzbelastungen über einen niedrigeren Steuersatz wieder auszugleichen. „Nach Umsetzung der Grundsteuer-Reform darf es zu keiner steuerlichen Mehrbelastung der Betriebe kommen“, so Dr. Brons. Von der Steuer seien neben privaten Hauseigentümern und Grundbesitzenden auch fast alle Unternehmen betroffen – entweder, weil sie über selbstgenutztes Grundvermögen verfügen oder als Mieter im Rahmen von Nebenkostenabrechnungen mit Grundsteuer belastet werden.
Wie die IHKN-Auswertung weiter zeigt, wurden auch die Gewerbesteuerhebesätze wieder deutlicher angehoben als zuletzt. So haben aktuell 179 Städte und Gemeinden ihren Hebesatz erhöht, was 19 Prozent aller Kommunen mit Hebesatzrecht in Niedersachsen entspricht. Im Durchschnitt wurde der Satz um 22,7 Prozentpunkte angehoben. „Eine solche Steuerpolitik verschärft die aktuelle Wirtschaftskrise unnötig und verschlechtert die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Wirtschaft“, sagte Frank Hesse, IHKN-Sprecher für Wirtschaftspolitik und Mittelstand.
Neben den Kommunen selbst sehen die niedersächsischen Industrie- und Handelskammern auch das Land in der Verantwortung für ein wettbewerbsfähiges Steuersystem. Mit Blick hierauf bekräftigte Hesse die Kritik der Kammern am Kommunalen Finanzausgleich (KFA), der mitverantwortlich sei für die Steuererhöhungsspirale der vergangenen Jahre. „Die Landesregierung sollte den automatischen Steuererhöhungsdynamiken, die sich aus dem KFA ergeben, aktiv entgegenwirken. Zahlreiche Kommunen erhöhen nur deshalb ihren Hebesatz, weil sie ansonsten Nachteile erfahren würden. Diese Ungerechtigkeit muss endlich ein Ende haben“, so Hesse.
Wie die IHKN-Auswertung zeigt, gibt es auch im Jahr 2023 starke Unterschiede zwischen den Gewerbesteuerhebesätzen der Kommunen. Den niedrigsten Wert mit 300 % haben drei Gemeinden, nämlich Bokensdorf, Steinfeld (Oldenburg) und Waake. Demgegenüber hat die Stadt Hildesheim mit 540 % den höchsten Wert. Es folgen die Gemeinde Schwerinsdorf im Landkreis Leer mit 520 % sowie die Gemeinde Wathlingen im Landkreis Celle und die Gemeinde Sande im Landkreis Friesland mit 500 %.
Bei der Grundsteuer B weist die Gemeinde Gorleben den niedrigsten Wert mit 250 % auf. Es folgen die Städte Lohne (275 %) und Vechta (280 %) sowie die Gemeinden Bakum (290 %) und Visbek (295 %), die allesamt im Landkreis Vechta liegen. Demgegenüber hat die Gemeinde Sande mit 650 % den höchsten Hebesatz der Grundsteuer B. Es folgen die Gemeinde Ritterhude mit 640 %, die Stadt Barsinghausen mit 620 % sowie die Stadt Laatzen mit 610 %. Elf Kommunen weisen einen Hebesatz in Höhe von 600 % auf, nämlich die Städte Göttingen, Hameln, Hannover, Hitzacker, Seelze und Wilhelmshaven sowie die Gemeinden Baltrum, Deinste, Dettum, Spiekeroog und Winsen (Aller).
Karten mit den Gewerbesteuerhebesätzen für alle Städte und Gemeinden in Niedersachen enthält der aktuelle Fokus Niedersachen “Grund- und Gewerbesteuer 2023”, der unter diesem Link abrufbar ist.
Ergänzend zum Fokus können auf der IHKN-Website eine Aufstellung der Grund- und Gewerbesteuerhebesätze 2021 sowie der Gewerbesteuer-Rechner Niedersachsen-Bremen für 2021 heruntergeladen werden. Die Dateien stehen zum Download in der rechten Spalte bereit.
Ergänzend zum Fokus können auf der IHKN-Website eine Aufstellung der Grund- und Gewerbesteuerhebesätze 2021 sowie der Gewerbesteuer-Rechner Niedersachsen-Bremen für 2021 heruntergeladen werden. Die Dateien stehen zum Download in der rechten Spalte bereit.
Der Fokus Niedersachsen erscheint in regelmäßigen Abständen zu aktuellen Themen aus Wirtschaft und Politik und steht unter www.ihk-n .de zum Download bereit.
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*Hannover, 20.10.2023*