Lieferengpässe und Personalmangel bremsen Aufschwung

IHK-Konjunkturumfrage für Niedersachsen

Die Geschäftslage der niedersächsischen Wirtschaft hat sich im dritten Quartal weiter verbessert, bleibt aufgrund von Material- und Personalmangel aber deutlich hinter dem Potenzial zurück. Dies spiegelt sich verstärkt in den rückläufigen Erwartungen der Unter­nehmen wider. Materialknappheit und große Preissteigerungen in der Industrie, Personalmangel nicht nur im Gast- und Verkehrsgewerbe kennzeichnen die aktuelle Situation. „Die Lage nach 18 Monaten Corona ist nicht so gut wie sie sein könnte. Viele Unternehmen würden gerne mehr produzieren, haben aber keine Vorprodukte. Und viele Unternehmen suchen Personal, meistens Fachkräfte, manchmal Hilfskräfte, die einfach mit anpacken. Das bremst die Wirtschaft“, so Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen. Die anhaltenden Probleme lassen den IHK-Konjunkturklima­indikator für das dritte Quartal 2021 um drei auf 111 Punk­te (Vorquartal: 114 Pkt.) leicht sinken. Das ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskam­mern mit knapp 1.900 Unternehmens­antworten.
Die Wirtschaftslage in Niedersachsen hat sich in vielen Branchen dennoch erneut verbessert. Die ver­bleibenden Corona-Beschränkungen betreffen hauptsächlich noch Veranstaltungen. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild: Die aktuelle Geschäftslage wird von 37 Prozent (Vor­quartal: 35 %; Vorjahr: 22 %) der Unternehmen als gut beurteilt, 52 Prozent (Vq. 50; Vj. 50 %) sind zufrieden und 11 Prozent (Vq. 15 %; Vj. 28 %) beurteilen ihre Lage als schlecht. Die Erwartungen an die kommenden Monate haben sich dagegen eingetrübt: 19 Prozent der Unternehmen (Vq. 25 %; Vj. 16 %) rechnen mit einer günstigeren Geschäfts­entwicklung,
60 Prozent (Vq. 58 %; Vj. 51 %) erwarten gleichblei­bende Geschäfte und 22 Prozent (Vq. 17 %; Vj. 33 %) rechnen mit einer negativen Entwick­lung. Die gesamten Investitions- und Personalplanungen wurden im dritten Quartal erneut nach oben angepasst.
Die Industrie befindet sich, mit Ausnahme des Bereichs Automotive, im Aufschwung. Liefer­engpässe und stark steigende Rohstoffpreise bei Computerchips, Metallen oder Baumaterialien bedeuten für die Unternehmen einen erheblich größeren Aufwand. Dabei drücken die Preis­steigerungen beim Material erkennbar auf die Erträge. Gleichzeitig bleiben die Auftragseingänge und der Auf­tragsbestand positiv. Besonders betroffen vom Materialmangel ist seit geraumer Zeit der Bereich Automotive plus Zulieferer. Ganze Werke stehen wieder still.
Die Auftragsbücher der Bauwirtschaft bleiben gut gefüllt. Die Geschäftslage könnte auch auf­grund gestiegener Preise kaum besser sein, wäre da nicht der Materialmangel (Dämmstoffe, Ziegel etc.) und insbesondere der Personalmangel. Fast alle Bauunternehmen (91 %) sehen im Fachkräftemangel ein Geschäftsrisiko.
Der Einzelhandel konnte vom Nachholbedarf profitieren und hat sich im Sommer von den Schließungen etwas erholt. Dabei werden Geschäftslage und Erwartungen allerdings unter­schiedlich beurteilt. Während Schuhgeschäfte und Elektronikhändler fortgesetzt eine ungünsti­ge Entwicklung melden, berichten Bekleidungsgeschäfte, Juweliere und Möbelhäuser von zufriedenstellenden Umsätzen und bleiben optimistisch. Der Aufschwung des Großhandels setzt sich fort. Die anhaltenden Probleme mit den Lieferketten insbesondere im Import/Export drücken hier allerdings ebenfalls die Erwartungen.
Das Beförderungsvolumen im Güterverkehr bleibt hoch und wird weiter wachsen. Die Perso­nenbeförderung konnte bisher von den Corona-Lockerungen kaum profitieren. Insgesamt bleibt die Lage im Verkehrsgewerbe schwierig, da zum Fahrermangel nun auch noch deutlich stei­gende Kraftstoffpreise die Branche belasten.
Das Gastgewerbe hatte einen guten Sommer und damit ein gutes drittes Quartal. Mit Aus­nahme des Catering und der Veranstaltungen läuft das Geschäft wieder. Die Branche ist auf­grund der Personalsituation allerdings nur verhalten optimistisch: Fast alle Unternehmen haben zwar Personalbedarf, aber keine geeigneten Bewerber. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wollen attraktiver werden und setzen außerdem auf Fachkräfte aus dem Ausland.
Die Geschäftslage der Banken wird überwiegend als zufriedenstellend beurteilt, die Erwartun­gen haben sich weiter verbessert. Auch das Kreditgeschäft mit Privatkunden und Unternehmen bleibt positiv. Das Geschäft der Versicherungen ist zufriedenstellend. Die hohen Schadens­zahlungen der Sachversicherungen haben sich deutlich ausgewirkt. Gleichzeitig hat dies die Nachfrage nach Policen spürbar erhöht.
Die IHK Niedersachsen ist die Landesarbeitsgemeinschaft der IHK Braunschweig, IHK Hannover, IHK Lüneburg-Wolfsburg, Oldenburgischen IHK, IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim, IHK für Ostfriesland und Papenburg sowie IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum. Sie vertritt rund 495.000 gewerbliche Unternehmen gegenüber Politik und Verwaltung.
*Hannover, 15.10.2021*