Abschwung greift auf Handel und Dienstleistungen über

IHK-Konjunkturumfrage für Niedersachsen


Der Abschwung der Industrie erfasst im Herbst jetzt auch die anderen Branchen. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Die Stützen der Konjunktur, Konsum und Dienstleistungen, werden schwächer und drohen wegzusacken. Stellenstreichungen in Industrie und Handel stehen bevor, der Arbeitsmarkt hat seinen Zenit erkennbar über­schritten. Der IHK-Konjunkturklimaindikator geht zum siebten Mal in Folge zurück und liegt mit 95 Punkten (Vorq.: 105 Pkt.) für das dritte Quartal 2019 deutlich unter dem lang­jährigen Durchschnitt. Das ist das Ergebnis der Kon­junkturumfrage der niedersächsi­schen Industrie- und Handelskammern bei knapp 1.900 Unternehmen. „Die internationa­len Handelsstreitigkeiten dominieren das Wirtschaftsklima und bremsen Handel und Wachstum aus. Hinzu kommen gravierende strukturelle Herausforderungen der Indust­rie“, so Dr. Horst Schrage, Hauptgeschäftsführer der IHK Niedersachsen.
Die Wirtschaftslage in Niedersachsen hat sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich verschlechtert und spiegelt damit auch den Verlauf der Geschäftserwartungen der zurückliegenden Quartale wieder. Die aktuelle Geschäftslage wird von 28 Prozent (Vorquartal: 31 %; Vorjahr: 39 %) der Unternehmen als gut beurteilt, unverändert 59 Prozent sind zufrieden und 14 Prozent (Vorq.
11 %; Vorj.: 8 %) sind mit der Lage nicht zufrieden. Die Erwartungen an die kommenden Monate haben sich noch stärker verschlechtert: 12 Prozent der Unternehmen (Vorq. 13 %) rechnen mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung, 55 Prozent (Vorq. 65 %) erwarten keine Veränderung und 33 Prozent (Vorq. 22 %) rechnen mit einer ungünstigen Entwicklung.
Der Abschwung der Industrie hat sich im dritten Quartal fortgesetzt. Die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland waren rückläufig und der Auftragsbestand wird jetzt von 28 Prozent der Unternehmen (Vorq. 22 %) als zu klein beurteilt. Das Auftragspolster des langen Aufschwungs scheint damit endgültig aufgebraucht zu sein. Die Umsätze, die nominal bisher trotz Ab­schwung noch leicht stiegen, waren im zurückliegenden Quartal erstmals rückläufig. Davon waren auch konsumabhängige Branchen wie Nahrungsmittel, Papier/Pappe, Druck und Glas/Steine/Erden betroffen.
Die anhaltenden Handelsstreitigkeiten bieten den exportabhängigen Investitionsgüterherstel­lern keine guten Rahmenbedingungen. Zudem bestehen im Bereich Automotive aufgrund des anstehenden Strukturwandels hin zur Elektromobilität große Unsicherheiten. Die Investitions- und Personalplanungen der Industrie wurden in Folge dessen weiter gekürzt.
Das Hoch der Bauwirtschaft hält auch im Herbst an und wird so schnell nicht zu Ende gehen. Die ausgelasteten Kapazitäten treffen auf eine unverändert hohe Nachfrage in allen Bauberei­chen. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt und die Markttendenzen bei Wohnungen, Gewerbe­bauten und öffentlichem Hoch- und Tiefbau lassen keine signifikante Abschwächung erkennen.
Die Verbraucher zeigen sich vom anhaltenden Abschwung der Industrie bisher noch unbeein­druckt. Der Zuwachs an Arbeitsplätzen und steigende Einkommen haben die Nachfrage stabil gehalten: Der Konsum brummt. Aber der Einzelhandel sieht erste Wolken aufziehen und rech­net mit einer Abschwächung des Geschäfts, wobei die Händler noch nominal leicht steigende Umsätze erwarten. Eine ungünstige Entwicklung zeigt sich im Großhandel. Im dritten Quartal stagnierten die Umsätze und jeder dritte Großhändler (Vorquartal: jeder achte) erwartet schwä­chere Geschäfte. Vor allem im industrienahen Produktionsverbindungshandel hat sich die Geschäftsentwicklung merklich abgekühlt.
Die Schwäche der Industrie hat jetzt auch das Verkehrsgewerbe erreicht. Das Beförderungs­volumen ist rückläufig, und die Aussichten werden von knapp der Hälfte der Unternehmen ungünstig beurteilt. Die rückläufige Menge der letzten Monate führt nun erstmals dazu, dass in absehbarer Zeit nicht mit einem Anstieg des Volumens gerechnet wird.
Das Kreditgeschäft der Banken mit Firmen- und Privatkunden bleibt trotz Abschwung der In­dustrie deutlich positiv. Die erneuten Zinssenkungen der Zentralbanken verhageln den Banken jedoch die Geschäftsaussichten. Statt einer allmählichen Normalisierung der Zinsen hat der Druck auf die Margen der Kreditinstitute wieder kräftig zugenommen. 54 Prozent (Vorq. 23 %) der Banken rechnen mit schlechteren Geschäften. Fast unberührt davon zeigen sich die Ver­sicherungen anhaltend zufrieden. Die steigenden verfügbaren Einkommen auf der einen Seite und das Ausbleiben von Großschäden andererseits sorgen für eine positive Einschätzung auch der künftigen Entwicklung.
Die Dienstleistungsunternehmen wurden vom Abschwung der Industrie im dritten Quartal voll erfasst. Die Auftragseingänge der Dienstleister stagnieren und die Geschäftsaussichten liegen erstmals nach sieben Jahren wieder im negativen Bereich.

Ausblick

„Was anfangs in der Industrie mit Handelsstreitigkeiten und Strukturbrüchen begann, greift langsam auf alle Branchen über. Die Politik ist gefordert zu handeln, indem sie Investitionen anschiebt statt zu blockieren. Mit einem Konjunkturprogramm alter Prägung ist es aber nicht getan. Genehmigungsverfahren müssen schlanker und schneller werden, Blockaden müssen behoben werden. Unsere Nachbarländer machen vor wie das geht“, so Dr. Schrage.

IHK-Konjunkturklimaindikator für Niedersachsen

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Der IHK-Konjunkturklimaindikator gibt die Einschätzung der Unternehmen der gegenwärtigen und der erwarteten Geschäftslage wieder.
Die IHK Niedersachsen ist die Landesarbeitsgemeinschaft der IHK Braunschweig, IHK Hannover, IHK Lüneburg-Wolfsburg, Oldenburgischen IHK, IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim, IHK für Ostfriesland und Papenburg sowie IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum. Sie vertritt rund 460.000 gewerbliche Unternehmen gegenüber Politik und Verwaltung.

*Hannover, 10.10.2019*