Grundsteuerreform droht zum Kostentreiber zu werden
Mehr als jede fünfte Kommune erhöht den Hebesatz der Grundsteuer B
Obwohl ab dem kommenden Jahr die neue Grundsteuer fällig wird, wissen die Immobilieneigentümer in Niedersachsen aktuell nicht, wie viel sie künftig zahlen müssen. Denn wie die aktuelle Umfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern zeigt, hat bisher fast keine Stadt oder Gemeinde den in § 7 Abs.1 des Niedersächsischen Grundsteuergesetzes geforderten aufkommensneutralen Hebesatz und/oder ihren Hebesatz für das kommende Jahr berechnet. Viele Unternehmen und Immobilieneigentümer befürchten einen deutlichen Anstieg.
Im Zentrum der Grundsteuerreform steht das Versprechen der Aufkommensneutralität – demnach darf das Aufkommen aus der Grundsteuer nach Umsetzung der Reform nicht höher sein als vorher. „Wir werden sehen, ob die Vorgabe eingehalten wird“, sagt IHKN-Präsident Matthias Kohlmann zu den Ergebnissen der aktuellen Umfrage bei den niedersächsischen Städten und Gemeinden, die die IHK Niedersachsen in ihrer Publikation „IHKN Fokus Niedersachsen – Gewerbe- und Grundsteuer 2024“ veröffentlicht hat.
Viele Kommunen befinden sich noch in der Phase der Datenerfassung und -bearbeitung, da oftmals noch nicht alle relevanten Informationen vom Finanzamt vorliegen. Modellrechnungen seien teilweise in Arbeit oder stünden kurz bevor. In einigen Fällen wurden vorläufige Berechnungen durchgeführt, jedoch werde die endgültige Festlegung der aufkommensneutralen Hebesätze erst nach Abschluss dieser Analysen und den folgenden politischen Beratungen erfolgen. „Im Ergebnis können aktuell – knapp drei Monate vor Inkrafttreten der neuen Grundsteuerreform – die Hebesätze für das Jahr 2025 in den allermeisten Gemeinden noch nicht benannt werden“, so Kohlmann weiter, der die Befürchtung äußert, dass die Grundsteuerreform zum versteckten Kostentreiber für Unternehmen und Bürger werde.
Wie die aktuelle IHKN-Umfrage zeigt, haben die Kommunen bereits vor Umsetzung der Reform kräftig an der Steuerschraube gedreht. So haben 2022 rund zehn Prozent der Kommunen und 2023 sowie 2024 jeweils mehr als 20 Prozent der Kommunen ihre Hebesätze für die Grundsteuer erhöht. „Die Entwicklung der vergangenen Jahre ist eindeutig und lässt befürchten, dass das von Seiten der Regierung formulierte Ziel einer aufkommensneutralen Reform verfehlt wird“, so Kohlmann.
2024 haben insgesamt 202 Städte und Gemeinden ihren Hebesatz der Grundsteuer B erhöht – exakt genauso viele wie im vergangenen Jahr. Im Durchschnitt wurde der Satz um deutliche 46,2 Prozentpunkte angehoben. Insgesamt 21 Kommunen haben ihren Hebesatz sogar um 100 Prozentpunkte und mehr erhöht. Am deutlichsten fiel die Erhöhung in der Gemeinde Neukamperfehn (Landkreis Leer) mit 389 Prozentpunkten sowie in den Gemeinden Bienenbüttel (Landkreis Uelzen), Edemissen (Landkreis Peine) und Melbeck (Landkreis Lüneburg) mit jeweils 150 Prozentpunkten aus. Während 737 Kommunen ihren Hebesatz nicht geändert haben, konnte lediglich in zwei Kommunen eine Senkung verzeichnet werden. Nach der Erhöhung hat die Gemeinde Neukamperfehn mit 949 % den höchsten Hebesatz der Grundsteuer B in Niedersachsen. Es folgen die Städte Hannover und Seelze mit jeweils 700 % sowie die Gemeinde Spiekeroog mit 680 %.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung fordert die IHK Niedersachsen, dass sich die Kommunen bei der Festlegung der Hebesätze für 2025 unbedingt von der Aufkommensneutralität leiten lassen sollten. Damit diese gesetzliche Vorgabe erfüllt werden kann, sollte es aus IHKN-Sicht ein Informationsangebot geben, mit dem Bürger und Unternehmen transparent einsehen können, mit welchem Hebesatz Aufkommensneutralität gewährleistet wäre. Während andere Bundesländer wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen längst aufkommensneutrale Hebesätze für jede Kommune oder ein Transparenzregister veröffentlicht haben, wird es in Niedersachsen voraussichtlich kein vergleichbares Portal oder ein entsprechendes Informationsangebot geben. „Da die Veröffentlichung eines aufkommensneutralen Hebesatzes in Niedersachsen gesetzlich vorgeschrieben ist, wäre es ein logischer Schritt, über ein Portal oder durch ein vergleichbares Angebot für Transparenz zu sorgen“, so Frank Hesse, IHKN-Sprecher für Wirtschaftspolitik und Mittelstand. Bürger und Unternehmen sollten auch in Niedersachsen einsehen können, mit welchem Hebesatz Aufkommensneutralität gewährleistet wäre. Die IHKN werde dazu den zuständigen Ministerien einen Vorschlag machen und dazu auch die kommunalen Spitzenverbände adressieren, so Hesse.
Die Ergebnisse im Einzelnen sowie die Handlungsempfehlungen der IHK Niedersachsen stellt der aktuelle IHKN-Fokus Niedersachsen mit dem Titel „Gewerbe- und Grundsteuer 2024“ vor, den Sie unter diesem Link als PDF aufrufen können.
Der Fokus Niedersachen erscheint in regelmäßigen Abständen zu aktuellen Themen aus Wirtschaft und Politik. Die aktuelle Ausgabe sowie die bereits erschienenen Publikationen sind unter www.fokus-niedersachsen.de zu finden.
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Die IHK Niedersachsen ist die Landesarbeitsgemeinschaft der IHK Braunschweig, IHK Elbe-Weser, IHK Hannover, IHK Lüneburg-Wolfsburg, Oldenburgischen IHK, IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim sowie IHK für Ostfriesland und Papenburg. Sie vertritt mehr als 500.000 gewerbliche Unternehmen gegenüber Politik und Verwaltung.
Hannover, 30.09.2024