Ausbildung in der Corona-Krise sichern
Viele Ausbildungsbetriebe in Niedersachsen befinden sich durch die Corona-Krise in einer überaus schwierigen Lage. In der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Niedersachsen (IHKN) berichten fast alle Unternehmen von einer katastrophal schlechten Geschäftsentwicklung. Besonders betroffen sind Unternehmen aus der Hotellerie und Gastronomie, der Reisebranche und der Messe- und Veranstaltungsbranchen, aber auch der Handel und große Teile der Industrie sehen ihre Geschäftsaussichten zusammenbrechen. Vor diesem für nahezu alle Ausbildungsbetriebe schwierigen Hintergrund hält die IHKN einen Aktionsplan zur Stabilisierung der beruflichen Ausbildung für dringend erforderlich. IHKN-Hauptgeschäftsführer Horst Schrage: „Die Corona-Krise darf für die Wirtschaft und die jungen Menschen nicht zu einem verlorenen Jahr werden. Ausbildung zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses muss auch dieses Jahr möglich bleiben, denn mittelfristig werden wir mehr und nicht weniger gut ausgebildete junge Menschen brauchen.“
Die IHKN hat deshalb ein Maßnahmenbündel zur Sicherung der beruflichen Ausbildung vorgelegt, das den Ausbildungsbetrieben jetzt konkret helfen soll. „Wichtigste Maßnahme ist, dass die Betriebe ab dem ersten Tag Kurzarbeitergeld für Azubis ohne Einschränkungen beantragen können“, appelliert Schrage an die Bundesregierung. Darüber hinaus fordert die IHKN die Förderung für die Übernahme von Konkurs-Lehrlingen und die Teilzeit-Ausbildung auszuweiten.
Für den Sprecher berufliche Bildung der IHK Niedersachsen, Volker Linde, ist das Nachholen der im März verschobenen Ausbildungsabschluss-Prüfungen das Wichtigste: „Derzeit arbeiten wir mit Hochdruck daran, die schriftlichen Prüfungen in der 25. Kalenderwoche Corona-adäquat nachzuholen, damit die jungen Leute ihren Abschluss erwerben können. Wir sind froh, dass das Land den angehenden Facharbeitern und Kaufleuten den Berufsschulbesuch ermöglicht, um ihnen eine den Umständen entsprechend bestmögliche Vorbereitung auf ihre Prüfungen auch berufsschulisch zu ermöglichen. Wir brauchen aber für alle Bildungsanbieter, die auf öffentliche rechtliche Abschlussprüfungen vorbereiten, eine Öffnung, damit deren Teilnehmer vergleichbare Möglichkeiten haben“.
Wichtig ist für den IHKN-Experten auch der Blick auf das kommende Ausbildungsjahr. Der Ausbildungsstart müsse nicht der 1. August sein. Auch Verträge, die im September starten, wären möglich. „Für die nächsten Monate braucht die Wirtschaft dringend von der Politik klare Perspektiven, auch für die Ausbildungsplanung, die für unsere Unternehmen und unsere jungen Schulabsolventen gleichermaßen von großer Bedeutung ist“, so Linde weiter.
Die Industrie- und Handelskammern setzen gemeinsam mit den Unternehmen alles daran, dass alle Azubis ihre Ausbildung beenden können. Viele Azubis aus Unternehmen, die in den nächsten Monaten in Insolvenz gehen werden, müssen in andere Betriebe vermittelt werden. Wichtig sei auch, so die IHKN, dass die Berufsorientierung wieder anlaufe. Hier müsse vieles sicher noch digitaler werden als bisher, weil die bisherige Philosophie, sehr stark über Präsenzangebote in den Schulen zu gehen, sicher wegen der begrenzten Kontaktmöglichkeiten noch länger beschränkt bleiben wird. Nicht zuletzt, so Horst Schrage, könnte die Zahlung eines Ausbildungsbonus für Betriebe, die zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen, ein vernünftiger Baustein bei einer gemeinsamen Ausbildungskampagne von Politik und Wirtschaft sein: „Die Vorschläge werden mit den Partnern auf Landesebene in den kommenden Wochen beraten und gemeinsam weiterentwickelt“, verspricht Horst Schrage.
Die IHK Niedersachsen ist die Landesarbeitsgemeinschaft der IHK Braunschweig, IHK Hannover, IHK Lüneburg-Wolfsburg, Oldenburgischen IHK, IHK Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim, IHK für Ostfriesland und Papenburg sowie IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum. Sie vertritt rund 495.000 gewerbliche Unternehmen gegenüber Politik und Verwaltung.
*Hannover, 4.5.2020*