Forderungen zur Landtagswahl
In drei Monaten wird in Niedersachsen gewählt. Die Erwartungen der Wirtschaft an die zukünftige Landesregierung hat die IHK Niedersachsen (IHKN) in einem Forderungspapier zusammengefasst, das nun von der IHKN-Mitgliederversammlung beschlossen wurde. „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, der demografische Wandel, die Transformation hin zu mehr Klimaschutz und die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine machen deutlich, dass Freiheit, Sicherheit und Wohlstand nicht selbstverständlich sind“, sagte IHKN-Präsident Andreas Kirschenmann bei der Vorstellung des Papiers. „Nie war es wichtiger, dass die niedersächsischen Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben und die Politik die Zukunftsfähigkeit des Standorts im Blick behält. Hier brauchen wir ein neues niedersächsisches Tempo.“
Damit dies gelinge, müsse sich die kommende Landesregierung ambitionierte Ziele setzen und diese konsequent verfolgen. „Niedersachsen hat die besten Voraussetzungen, die Transformation der Wirtschaft zu bewältigen. Unser Ziel muss sein, dass wir dies besser und schneller als andere hinbekommen. Dafür braucht es Offenheit für Innovationen, Wertschätzung für Unternehmertum und eine Kultur des Ermöglichens und Entlastens etwa durch Bürokratieabbau“, so Kirschenmann.
So spricht sich die IHK Niedersachsen dafür aus, dass der Abbau und die Vermeidung von Bürokratie ganz oben auf der Agenda stehen sollten. Es müssten dringend weitere Anstrengungen unternommen werden, um Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Um Transformationsprozesse voranzutreiben, seien straffe Verfahren, klare Zuständigkeiten und rechtssichere Entscheidungen nötig – in der Energiewirtschaft, bei Infrastrukturen, in der Industrie. Damit bürokratische Vorschriften systematisch abgebaut werden können, spricht sich die IHKN für ein systematisches und regelmäßiges Bürokratiekosten-Monitoring aus. Auch müsse das Land den Kommunen Anreize geben, sich stärker für eine unternehmensfreundliche Verwaltung einzusetzen. Vorgänge und Genehmigungsverfahren sollten innerhalb zuvor definierter und transparenter Bearbeitungsfristen erledigt werden.
Der Ausbau der digitalen Infrastruktur sei in den vergangenen Jahren zwar vorangekommen. Lücken in der flächendeckenden Versorgung sollten nun aber zügig geschlossen und zugleich daran gearbeitet werden, dass Innovationsprozesse rund um die digitalisierte Wirtschaft aus Niedersachsen heraus angetrieben und in erfolgreiche Geschäftsmodelle übersetzt werden können. „Forschung, Qualifizierung und Vernetzung sind gleichermaßen wichtig. Die bestehenden Innovationsprogramme sollten fortgeführt und Antragsverfahren verschlankt sowie beschleunigt werden“, sagt Birgit Stehl, Hauptgeschäftsführerin der IHKN.
Die Transformation der Wirtschaft könne nur erfolgreich sein, wenn die Qualifikationen mit den technischen Möglichkeiten Schritt halten können und die entsprechenden Fachkräfte vorhanden seien. Hierzu bedürfe es zusätzlicher Anreize sowie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Mit Blick auf die nötige Zuwanderung aus dem Ausland sollten einfache und transparente Verfahren etabliert werden, beispielsweise durch die Einrichtung einer zentralen Ausländerbehörde.
„Zur besseren Entwicklung der heimischen Potenziale setzen wir auf eine Stärkung der dualen Ausbildung sowie einer besseren berufliche Orientierung in den Schulen“, so Stehl. Dazu sollten die Beruflichen Schulen weiterentwickelt und personell verstärkt werden. Hierbei sei ein Fokus auf eine stärkere Digitalisierung nötig, beispielsweise indem Sach-, Digital- und Personalausstattung verbessert und der IT-Support strukturell und personell weiter professionalisiert werde. Darüber hinaus müsse in Marketingmaßnahmen investiert werden, um auch neue Zielgruppen für die duale Ausbildung zu erschließen. Auch die Mobilität von Auszubildenden sollte unterstützt werden, beispielsweise indem das Azubi-Ticket zu einem Semesterticket ausgebaut werde.
„Nicht alle Forderungen und Ideen kann Niedersachsen im Alleingang umsetzen. In vielen Themengebieten braucht es dafür auch eine starke Vertretung im politischen Berlin. Dies gilt für den Einsatz für eine bezahlbare und sichere Energieversorgung ebenso wie für den Aus- und Neubau von Straßen, Schienen, Wasserwegen und Energietrassen. Wir müssen Niedersachsen gemeinsam stark machen für die Zukunft“, forderte Kirschenmann. Die Wirtschaft stehe der zukünftigen Landesregierung hierbei mit Rat und Tat zur Seite und wolle sich konstruktiv zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Niedersachsens einbringen.
Zum Positionspapier
Die IHKN-Positionen zur Landtagswahl 2022 (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1147 KB) wurden in den vergangenen Monaten gemeinsam von den sieben niedersächsischen IHKs erarbeitet. Basis hierfür war eine Ende vergangenen Jahres durchgeführte Standortumfrage. Darauf aufbauend wurden in insgesamt 19 thematischen Kapiteln Vorschläge für die zukünftige Landesregierung erarbeitet – unter Einbeziehung der Mitglieder der Vollversammlungen und der Ausschüsse der sieben IHKs. Schließlich wurde das vorliegende Positionspapier in allen IHK-Vollversammlungen sowie abschließend in der Mitgliederversammlung der IHKN am 6. Juli 2022 verabschiedet.